Ralf, ganz großes Kompliment von mir! Das hast Du sehr gut recherchiert und perfekt analysiert! Genau so sollte es sein: Man hat eine Fragestellung oder ein Problem und möchte verstehen, wie dieser Fall geregelt ist. Und dann hangelt man sich durch die Paragraphen und auch einmal von der Agentur zur Krankenkasse und wieder zurück und am Ende hat man es verstanden. Sehr gut!
Und damit nehme ich alles von mir bisher gesagte zurück und behaupte das Gegenteil. Mein Fehler hat darin gelegen, dass ich den Begriff der "versicherungspflichtigen Beschäftigung" einfach als feststehend angenommen und nicht mehr hinterfragt habe. Und erster Fehler daraus:
Ich habe nicht nach einer Definition gefragt. Und die gibt es nämlich: in <a href="https://dejure.org/gesetze/SGB_III/24.html" target="_blank" rel="nofollow">§24 SGB III </a> (Versicherungspflichtverhältnis) und <a href="https://dejure.org/gesetze/SGB_III/25.html" target="_blank" rel="nofollow">§25 SGB III</a> (Beschäftigte).
Alleine die Tatsache, dass dies einzeln definiert ist, macht schon deutlich, dass diese beiden Begriffe unabhängig voneinander sind. D.h. es gibt durchaus auch Versicherungspflicht ohne Beschäftigung und andersherum auch Beschäftigte, die nicht versicherungspflichtig sind.
Was einen nun direkt zu der Frage führt, was denn nun genau für den Anspruch auf ALG1 an Voraussetzungen erfüllt sein muss. Auch hier einmal kurz nachgelesen im <a href="https://dejure.org/gesetze/SGB_III/142.html" target="_blank" rel="nofollow">§142 SGB III</a> (Anwartschaftszeit): <em>"Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem <strong>Versicherungspflichtverhältnis</strong> gestanden hat."</em>
Da steht es ganz klar: Es muss ein Versicherungspflichtverhältnis vorgelegen haben. Von Beschäftigung steht da nichts!
Und das trifft auf eine ganze Reihe von Personen zu. Auf welche genau, ist in <a href="https://dejure.org/gesetze/SGB_III/26.html" target="_blank" rel="nofollow">§26 SGB III</a> definiert. Und u.a. gehören da eben auch die Bezieher von Krankengeld dazu.
Fazit: Ich teile Deine Einschätzung. Ein Dispojahr muss man nicht zwingend direkt im Anschluss an ein Arbeitsverhältnis beginnen. Das Dispojahr kann auch erst gestartet wenn, denn ein Bezug von Krankengeld endet, welches aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit bezogen wurde, die bereits während der Beschäftigung eingetreten ist.
Um wem das jetzt alles viel zu viel "Juristen-Kram" ist und wer nur höchst ungern in irgendwelchen Paragraphen liest. dem kann ich auch eine Erläuterung der Arbeitsagentur zum Thema "<a href="https://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/BuergerinnenUndBuerger/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI485658" target="_blank" rel="nofollow">Anwartschaft</a>" empfehlen. Dort sind diese Aussagen noch einmal in (einigermaßen) verständlichem Deutsch kurz zusammengefasst. Auch dort ganz klar und deutlich formuliert: <em>"Auch durch folgende Zeiten kann die Anwartschaftszeit erfüllt werden: ... Zeiten, für die wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld, Krankengeld, ...Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu zahlen waren."</em>
Ralf, aber auch wenn alles so klar und deutlich erscheint: Ich würde Dir dennoch raten, Dir diese Sichtweise vorher von Krankenkasse und Arbeitsagentur bestätigen zu lassen. Sicher ist sicher!
Bei dieser Gelegenheit könntest du gleich einmal bei der Krankenkasse nachfragen, wie sich denn nach dem Abschied von Deinem Arbeitgeber (während Deiner Krankheit) die Berechnung der Beiträge gestaltet. Du wirst ja dann sog. "Selbstzahler" und ich habe dunkel in Erinnerung, dass es hier bei den Tarifen Unterschiede für die Berechtigung mit/ohne Krankengeld gibt!
Ansonsten noch einmal: Interessante und wichtige Erkenntnisse! Und es wäre sicher interessant, wenn Du den weiteren Fortgang und ggfs. weitere Details hier zukünftig noch einmal mitteilen würdest.
Vielen Dank für die Lehrstunde und
Gruß, Der Privatier